14. Mai 2010
Allgemein
Facebook – Der Gegenwind wird stärker
Seit den letzten Änderungen an den Privatspäre-Einstellungen wächst die Gruppe der Facebook-Kritiker. Es soll sogar schon einen richtigen Exodus geben. Doch schauen wir uns das Problem genauer an.
Benutzerprofile
Die Grafik "The Evolution of Privacy" von Matt McKeon visualisiert, was auf der Seite von Facebook vor sich geht. Im Laufe der Jahre sind die Standard-Einstellungen für die Privatsphäre immer freizügiger geworden. Im Gegenzug sind die Einstellungen immer komplizierter geworden. Spiegel Online spricht von einer Erosion der Privatsphäre.
Im Prinzip wäre das alles gar nicht so schlimm, wäre Facebook nicht inzwischen DER Anlaufpunkt im weltweiten Netz. Mehr als 450 Millionen angemeldeter Benutzer – und die Zahl steigt. Seit einiger Zeit überholt Facebook sogar Google in Sachen Traffic – und der Trend ist eindeutig: Facebook wird immer wichtiger für immer mehr Menschen.
Quasi als Selbsthilfe gibt es mittlerweile verschiedene Tipp-Sammlungen rund um das Thema Privatsphären-Einstellungen. Die Grünen haben ein 12 minütiges Video veröffentlicht, das auch sehr gut hilft, das Prinzip zu verstehen:
Video: Das Facebook-Privatsphären-Einmaleins / Facebook Privacy Tutorial
Noch extremer sind die Tipps von Gizmodo. Dort wird direkt zum Austritt geraten: Top
Ten Reasons You Should Quit Facebook
Facebook ist nicht mehr nur facebook.com
Facebook stellt schon länger einige sehr nützliche und leicht verwendbare Tools zur Verfügung. Mit einem Schnipsel JavaScript, das man leicht in beliebige Content Management- oder Blogging-Systeme einbauen lässt können sich Benutzer einloggen und Kommentare hinterlassen.
Das ist zwar einfach und sehr praktisch für nur gelegentliche Besucher, wurde aber in der Breite nicht sehr angenommen – vermutlich auch aus der Erfahrung der Webmaster heraus, dass es vor Facebook schon verschiedene andere Dienste gab, die jeder nutzen musste und dass Facebook sicher auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein wird. Wer will dann schon seine Kommentare in diesem System haben, das keine Datenübernahme zulässt?
Nun gibt es in Facebook aber auch den "Like"-Button, der unter allem angezeigt wird, was Benutzer bei Facebook machen. Mit einem Klick gibt man dem Ersteller eines interessanten Links oder eines witzigen Fotos ein kleines Dankeschön. Seit einigen Wochen kann man diesen Like-Button in beliebige Seiten einbauen. Diese Funktion wird wesentlich besser angenommen, weil sie keine eigene Funktion ersetzt und Traffic verspricht.Dazu sollte man wissen, dass schon heute Facebook oft mehr Besucher auf eine Website bringt, als Google. Der Like-Button ist eine Möglichkeit, den Besuchern das Weiterempfehlen wesentlich zu vereinfachen.
Wenn jetzt jemand, der bei Facebook eingeloggt ist – und das sind ja die meisten Facebook-Benutzer die ganze Zeit – auf eine Seite kommt, die so einen Button hat, muss er nicht einmal den Button klicken. Facebook kann so erkennen, wer derjenige ist, der gerade diesen Button auf dieser Seite aufruft. Hendrik Speck, Professor für Digitale Medien an der FH Kaiserslautern, bezeichnet das im Gespräch mit tagesschau.de als "nutzergetriebene Rasterfahndung".
Anti-Facebook
Vier New Yorker haben sich jetzt daran gemacht mit Diaspora eine freie, verteilte Alternative zu Facebook zu programmieren:
"Enter your Diaspora ’seed‘, a personal web server that stores all of your information and shares it with your friends. Diaspora knows how to securely share (using GPG) your pictures, videos, and more. When you have a Diaspora seed of your own, you own your social graph, you have access to your information however you want, whenever you want, and you have full control of your online identity."
In einer ähnlichen Art verteilter Software-Installation bildet zum Beispiel Laconica den Service von Twitter nach. Auch hier kann sich jeder interessierte Webmaster einen eigenen Server installieren und ans öffentliche Netz zur Kommunikation anschließen ohne auf eine Firma angewiesen zu sein, die einen Service zentral anbietet.
Die vier Programmierer wollten ursprünglich 3 Monate ihrer Zeit dafür einsetzen und dafür 10.000 USD an Spenden einsammeln – Das Spenden-Meter steht im Moment bei fast 150.000 USD!
Und wer das Ganze für verrückt hält, sollte nicht vergessen, dass Facebook einst auch gegen das übermächtige MySpace antrat.
Facebook ist Beipspiel für einen Trend
Insgesamt kann man nicht sagen, dass Facebook ein Sonderfall ist. Probleme treten überall dort auf, wo besonders viele Menschen betroffen sind. Und obwohl die weltweite Vernetzung im Internet immer eine besonders große Vielfalt versprach, sind auch die Anziehungskräfte besonders groß. Google bietet mittlerweile für alles ein Tool, das man mit einem zentralen Login nutzen kann. Amazon ist inzwischen DER Marketplace und Anbieter von Rechenleistung. Und Facebook hat längst gängige Kommunkationsmittel wie E-Mail oder Chat – teilweise auch Twitter ersetzt.
Wenige Player ziehen immer mehr immer aktivere Menschen an und mit den Datenbanken wachsen auch die Probleme. Amazon hat zum Beispiel gerade versucht, in die Preisgestaltung außerhalb seines Marketplaces zu beeinflussen: Die Preise sollten im Marketplace grundsätzlich gleich günstig oder günstiger sein.
via netzpolitik.org