Arbeitskreis Digitale Gesellschaft

SPD Schleswig-Holstein

4. Januar 2011

Allgemein
Deutsche Netzpolitik im internationalen Vergleich

Deutschland, die Netzpolitik-Bananenrepublik? Die Kommentatoren finden gerne immer neue Superlative, wenn es gilt, die deutsche Netzpolitik zu beschreiben. Woanders wäre das viel besser. Woanders.

Gut, aus Afrika und Asien oder Südamerika wissen wir so gut wie nix. Chinas Great Firewall will niemand. Eher die Netzbegeisterung in Südkorea. Super Internetanbindung und Computerspiel-Übertragungen im Fernsehen – keine Killerspieldiskussion. Ganz so toll ist es auch dort nicht. 2008 verbot die Regierung Nicknamen und anonymes Posten. In diesem Jahr kamen Sendezeiten für Computerspiele.

In Europa muss man auch nach einem Vorbild suchen. Waren bei Wikileaks nicht Sperrlisten aus Skandinavien aufgetaucht? Gibt es dort also Netzsperren? Frankreich? Ich sag nur Hadopi. In England – Home of CCTV – soll es Pornos nur noch auf Antrag geben. In Spanien wurde ein Gesetz gegen Filesharing nur abgelehnt, weil dank Wikileaks herauskam, dass die USA daran mitgeschrieben haben. In Italien sollen Youtube und andere Videoplattformen jetzt genau wie Fernsehsender für ihre Inhalte haften.

Ach ja. USa. Auf jeden Fall sei es in den USA besser. Wer aber nicht gerade Verfechter der Post-Privacy-Ideologie ist, wird den Datenschutz in den USA nicht als Vorbild sehen. Auch die Ermächtigungen durch den Patriot Act et al. möchte hier keiner. Und dann sind da noch so Meldungen wie: Kalifornien verbietet Fake-Accounts. Kalifornien! Silicon Valley! Dort wurde alles erfunden, was im Internet Spaß macht!

Wir dürfen uns nichts vormachen. Die Diskussionen in Deutschland sind die gleichen wie im Rest der Welt. Und die Ideen, die kursieren stehen entgegen populärer Meinung nur selten im Geiste des neuen Mediengesetzes in Ungarn. Oft stecken sehr konkrete Ängste und spektakuläre Fälle dahinter, wie die spielsüchtigen Eltern in Korea, die ihre Kinder vernachlässigen. Es gibt einfach eine Breite Verunsicherung der Menschen durch die Veränderungen im Internet.

Früher haben sich die Menschen nur in den Medien wiedergefunden, wenn die Lokalzeitung über ihren Kleingartenverein berichtet hat. Heute finden sie Fotos von sich und ihren Häusern im Netz – ungefragt. Da gibt es Prominente bei Facebook. Und dann schreiben die komische Sachen. Der Fake-Account ist der harmlose Nerd-Bruder  des Enkeltricks.

Wie sagte Robin Meyer-Lucht beim Medienpolitischen Kongress der SPD: "Der Satz ‚der und der habe das Inter­net nicht ver­standen‘ ist eigentlich kri­tisch zu sehen." Das Internet hat eine gewaltige Energie zur gesellschaftlichen Veränderung. Diese Energie treibt die einen an und stößt auf Widerstand derer, die etwas dabei zu verlieren meinen. Damit müssen wir umgehen und es nicht beklagen.

Video

“Zukunft der Medien” Key Note von Robin Meyer-Lucht (Berlin Institute, carta.info)

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