Arbeitskreis Digitale Gesellschaft

SPD Schleswig-Holstein

4. September 2013

Europa
EU-​​Justizausschuss zu PRISM: SPD-Abgeordnete stellen Forderungskatalog auf

Die SPD-Abgeordneten im Europaparlament haben einen Forderungskatalog für den Beginn der Sonderuntersuchung des EU-Parlaments zur NSA-Affäre aufgestellt. Die erste Sitzung des Rechtsausschusses zu dem Thema findet wie berichtet morgen, am 5. September 2013, statt.

Die EU-Abgeordneten schreiben:

Die Enthüllungen über die skandalösen Überwachungspraktiken US-amerikanischer Geheimdienste, in die auch europäische Nachrichtendienste tief verstrickt zu sein scheinen, erschüttern den europäischen Rechtsstaat in seiner Gesamtheit. Die Menschen in Europa verlangen Aufklärung und sie wollen Politiker, die Verantwortung übernehmen.

Die konservative Bundesregierung aber schweigt, taktiert oder sieht sich nicht zuständig. Auch die meisten anderen Mitgliedstaaten im Rat haben kein Interesse an einer Klärung und haben es bislang versäumt, der massenhaften Bespitzelung ihrer eigenen Bürger eine klare Absage zu erteilen. Einzig das EU-Parlament hat sich in seiner Resolution vom 4. Juli unmissverständlich zu den europäischen Bürgerrechten bekannt. Wir Sozialdemokraten haben diese Resolution maßgeblich mitgestaltet und eine Sonderuntersuchung der Vorwürfe durch den fachlich zuständigen Innenausschuss durchgesetzt.

Unsere Sozialdemokratische Überzeugung: Ein Mehr an Überwachung führt im Ergebnis nicht zu mehr Sicherheit, sondern zu weniger Freiheit

Das Grundrecht auf Datenschutz ist kein Luxus, sondern eine Voraussetzung für eine demokratische Gesellschaft. Wir SPD-Europaabgeordneten stehen für ein Europa der Freiheit, das nur da existieren kann, wo bürgerliche Rechte und nicht staatlicher Überwachungswahn der oberste Maßstab nationalen und europäischen Handelns sind.

  1. Wir SPD-Europaabgeordneten bekennen uns unmissverständlich zu den Grundfesten eines rechtsstaatlichen Europas.
  2. Die verdachtslose Totalüberwachung von Bürgern durch Programme wie Prism oder Tempora ist mit der Idee der europäischen Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbar!
  3. Die effiziente Arbeit von Polizei und Nachrichtendiensten ist Voraussetzung für unsere Sicherheit. Es ist gerade eine Stärke unseres Rechtsstaates, dass ihre Befugnisse klar definiert und voneinander abgegrenzt werden müssen. Jeder Grundrechtseingriff muss konkret im Einzelfall begründet sein und darf nicht über das erforderliche Maß hinausgehen.
  4. Oberste Pflicht nationaler und europäischer Institutionen ist es, die Grundrechte der Menschen zu schützen – Datenschutz ist kein minderwichtiges Recht, das allein der Selbstverantwortung der Menschen überlassen ist.

Unsere Schwerpunkte für die Sonderuntersuchung im Innenausschuss

Wie genau funktioniert die Überwachung?

  • Welche Daten werden wann, von wem und wie abgefangen?
  • Welchem konkreten Zweck dient die Ausspähung?
  • Nach welchen Kriterien erfolgt die Überwachung?
  • Wer hat Zugang zu diesen Daten?
  • Wie lange und wo werden diese Daten gespeichert?
  • Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt die Datensammlung durch US- und europäische Geheimdienste und ist diese mit EU-Recht bzw. Völkerrecht vereinbar?
  • Welche europäischen Geheimdienste waren/ sind in die Überwachungspraxis involviert?
  • Welche privaten Anbieter von Telekommunikationsdiensten waren/ sind in welchem Umfang in die Überwachungspraxis involviert?
  • Welche weiteren Programme zur Sammlung, Speicherung und Auswertung gibt es neben Echelon, Prism, XKeyscore und Tempora?
  • In welchem Umfang und zu welchem Zweck wurden EU-Einrichtungen in Europa und den USA ausgespäht?
  • Wie können wir den Rechtsschutz für betroffene EU-Bürger stärken?

Wie können wir eine starke EU-Position für Bürgerrechte in der Welt entwickeln?

  • Die Europäische Kommission muss sicherstellen, dass kein Handelsabkommen mit den USA ohne Garantien für Bürgerrechte verhandelt wird. Da für sein Inkrafttreten das Europäische Parlament zustimmen muss, haben wir Europaabgeordneten in der Sache das letzte Wort.
  • Datenschutzsensible Abkommen mit Drittstaaten müssen überprüft und im Fall von Grundrechtsverletzungen ausgesetzt werden. Das betrifft etwa das Fluggast-, SWIFT- oder Safe Harbor-Abkommen mit den USA, das europäischen Unternehmen die Weitergabe von personenbezogenen Daten erlaubt.
  • Wir lehnen immer weiterreichende europäische Überwachungsmaßnahmen in der EU ab, etwa die bestehenden Regeln zur Vorratsdatenspeicherung oder die Pläne für ein europäisches Fluggastdatensystem.
  • Die EU muss einen europäischen Ansatz bei der Definition von nationaler und europäischer Geheimdienstarbeit und ihrer demokratischen Kontrolle erarbeiten (siehe Punkt III.)
  • Das EU-Parlament und vor allem die Mitgliedstaaten im Rat müssen die Reform der EU-Datenschutzregeln beschleunigen (sowohl die geplante Verordnung, als insbesondere auch die geplante Richtlinie über die Verwendung von Daten durch Polizei und Justiz!), damit wir weltweit Vorreiter für den Schutz der eigenen Daten werden.

Wie können wir sicherstellen, dass europäische Geheimdienste europäische Grundrechte achten?

  • Das Europäische Parlament sollte ein ständiges parlamentarisches Kontrollgremium für geheimdienstliche Aktivitäten in der EU einrichten, vergleichbar mit den in einigen Mitgliedstaaten existierenden nationalen parlamentarischen Kontrollgremien.
  • Die EU-US-Expertengruppe für Datenschutz und Sicherheit muss das EU-Parlament umfassend über ihre Erkenntnisse unterrichten, und zwar insbesondere über die Ergebnisse der bilateralen Gespräche zwischen Washington und den EU-Regierungen hinsichtlich der möglichen Kompetenzüberschreitung durch US-amerikanische und europäische Geheimdienste.

Wie können die Forderungen des EU-Parlaments zum Schutz der Bürgerrechte vor staatlicher Totalüberwachung von 2001 und 2002 endlich umgesetzt werden?

  • Wir fordern ein verbindliches Datenschutzabkommen zwischen USA und EU mit umfassenden Schutzgarantien.
  • Alle EU-Mitgliedstaaten müssen sich verbindlich verpflichten, keine Wirtschaftsspionage gegeneinander zu betreiben.
  • Der seit 1966 bestehende Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den bis heute 167 UN-Staaten ratifiziert haben und der die grundlegenden Menschenrechte, wie die Meinungs- und Gewissensfreiheit garantiert, muss an die technischen Entwicklungen der Digitalen Revolution angepasst werden.

Steffen Voß

Mitglied des Arbeitskreises Digitale Gesellschaft der SPD Schleswig-Holstein.

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