10. September 2013
Europa
EU-Vorschlag zu Netzneutralität und Abschaffung von Roaming ist eine Mogelpackung
- Petra Kammerevert
Die EU-Kommission will diesen Mittwoch (11. September 2013) einen Verordnungsentwurf verabschieden, um den Binnenmarkt für Kommunikation zu vereinheitlichen. Kritiker sehen hierin allerdings den Abschied von der Netzneutralität. „Zwar ist es begrüßenswert, dass der Vorschlag schrittweise die Roaming-Gebühren abschaffen will. Jedoch sollten wir sehr aufpassen, dass uns das nicht an anderer Stelle teuer zu stehen kommt“, warnt die medienpolitische Sprecherin der SPD-Europaabgeordneten Petra Kammerevert. Denn Entgegen der vollmundigen Ankündigung von EU-Kommissarin Neelie Kroes, endlich eine Regulierung zur Netzneutralität vorzuschlagen, beinhaltet der Verordnungsentwurf das Gegenteil.
„Es wäre der Abschied von der Netzneutralität und vom bisher gültigen Best-Effort-Prinzip, wonach alle Daten und Datenpakete gleichbehandelt und schnellstmöglich weitergeleitet werden. Würde der neue Kommissionsentwurf Realität, müssten wir alle statt für ein paar Tage Roaming im Jahr täglich für sogenannte Diensteklassen zahlen, wenn wir weiterhin in den Genuss aller Dienstleistungen im Netz kommen möchten. Das wäre das Ende eines freien und offenen Internets“, kritisiert Petra Kammerevertden bisherigen Verordnungsentwurf. Die Diskussion, bestimmte Angebote und Dienste zu blockieren sowie eigene Angebote vor denen des freien Internets zu bevorzugen, wie wir sie in einigen Mitgliedstaaten und auch in Deutschland in den letzten Monaten geführt haben, sei nur ein müder Vorgeschmack dessen, was uns dann erwarte.
Der Begründungstext des Kommissionsvorschlags selbst mache deutlich, dass die neuen Vorschriften in kommunikative Grundfreiheiten eingreife. Im ‚klassischen’ Internet, wie wir es heute kennen, wären sehr viel mehr Dienste gesperrt, die dann nur noch gegen ein Eintrittsgeld zugänglich wären. „In dieses Hochleistungsnetz würden Menschen mit niedrigen Einkommen gar nicht mehr kommen. Ein Zwei-Klassen-Internet wäre Realität und damit eine weitere Spaltung unserer Gesellschaft. Der Zugang zu Informationen ist aber wesentliche Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Damit greift der Vorschlag nicht nur in grundsätzliche kommunikative Grundfreiheiten ein, sondern er ist auch zutiefst unsozial“, ist die Netzpolitikerin Petra Kammerevert überzeugt.
Verabschiede man sich von der Netzneutralität als Leitprinzip, werde das dauerhaft und unwiderruflich die derzeitige dezentrale Struktur des Internets zerstören. „Wir hätten es dann nur noch mit sogenannten ‚verwalteten Diensten‘ zu tun, die zwangsläufig eine Hierarchie nach sich ziehen. Irgendwer muss dann das Management der Daten nach bestimmten Kriterien übernehmen und das sind dann vermutlich die Telekom-Anbieter“, erörtert Petra Kammerevert die Tücken des Vorschlags.