20. Juni 2013
Europa
„Merkels ‚Neuland‘ wird seit Jahren besiedelt“
- Birgit Sippel
Sozialdemokraten drängen Schwarz-Gelb zur Aufklärung über Überwachungsprogramm PRISM: Die erhoffte Aufklärung über mögliche Grundrechtverletzungen durch die US-Bespitzelungssoftware PRISM an deutschen und europäischen Bürgern ist ausgeblieben. Auch nach der gemeinsamen Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama am Mittwoch in Berlin bleiben zahlreiche Widersprüche und offene Fragen.
„Fast zwei Wochen sind seit der Aufdeckung des PRISM-Skandals vergangen“, sagt Birgit Sippel, innenpolitische Expertin der SPD-Europaabgeordneten. „Immer noch können sich die Bürger nicht sicher sein, wie stark die US-Regierung ihre intimsten Daten ins Visier nimmt.“ Die Erklärungen des US-Präsidenten stünden im drastischen Widerspruch zu den Anschuldigungen des Whistleblowers Edward Snowden. Die Washington Post hatte Snowden mit den Worten zitiert, die US-Behörden könnten buchstäblich mit ansehen, wie Gedanken beim Betätigen der Tastatur entstünden. Präsident Obama hingegen hat in der Pressekonferenz beteuert, dass lediglich Verbindungsdaten registriert würden, konkrete Inhalte jedoch nicht.
„Partner müssen sich aufeinander verlassen können“, sagt Birgit Sippel. „Ohne Vertrauen ist eine politische Zusammenarbeit schwierig.“ Auch die Bundesregierung verstricke sich in Widersprüche. Während Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Wirtschaftsminister Philipp Rösler das PRISM-Programm kritisch sehen, verteidigt Innenminister Peter Friedrich die Schnüffelpraxis der Vereinigten Staaten und will sogar das Überwachungsnetz in Europa nach US-Manier enger knüpfen.
Auch die Kanzlerin befürwortet ‚zeitgemäße‘ Instrumente wie die Internetüberwachung, nach eigener Aussage um die Sicherheit in Deutschland zu erhöhen. „Grundrechte aber sind zeitlos“, sagt Birgit Sippel. „Wenn die Vorwürfe Edward Snowdens stimmen, verletzt die US-Regierung permanent Grundrechte – und die schwarz-gelben Koalition lässt sie gewähren.“
„Angela Merkels Definition von ‚zeitgemäß‘ scheint zudem überholt“, merkt Birgit Sippel an. Wer das Internet nun als ‚Neuland‘ für sich entdecke, habe offenbar viele Jahre Netzpolitik verschlafen, so die Sozialdemokratin: „In ‚Neuland‘ pflegen Konzerne und Regierungen seit Jahren Serverparks, digitale Pakete rasen über die Datenautobahnen und Glasfaserkabel vernetzen sich zu gigantischen Knoten.“