24. Juli 2013
Bundespolitik
SPD Juristen: „Es gibt kein Super-Grundrecht auf Sicherheit“
- Justitia | Bestimmte Rechte vorbehalten von michaelthurm
Zur aktuellen Debatte in der Öffentlichkeit und den Medien nach den umstrittenen Äußerungen von Bundesinnenminister Friedrich erklärt Harald Baumann-Hasske, kommissarischer Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (ASJ): „Die Behauptung, Sicherheit sei ein Super-Grundrecht, ist kein Fauxpas und auch kein Ausrutscher. Offensichtlich mutiert Innenminister Friedrich unter dem Druck der öffentlichen Debatte zu Prism vom Verfassungsminister zum Risiko für die Grundrechte. Man kann dem gelernten Juristen kaum unterstellen, dass er unser Grundgesetz und seine Grundrechte nicht kennt, denen er eigentlich als Innenminister besonders verpflichtet ist. Deshalb ist es kaum nachvollziehbar, wenn er öffentlich und vor laufenden Kameras die Sicherheit als ein „Super-Grundrecht“ bezeichnet, das es deshalb mehr zu schützen gelte als andere Grundrechte.“
Harald Baumann-Hasske erklärt weiter: „Wir verkennen dabei nicht, dass wir als sozialdemokratische Juristinnen und Juristen im Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit einen anderen Standpunkt vertreten als die CSU und ihr Minister. Wir treten für eine grundrechtsorientierte Innen- und Rechtspolitik ein, die den Freiheitsrechten Geltung verschafft und die richtige Balance zwischen Freiheit und Eingriffsrechten des Staates zur Erreichung von Sicherheit hält.
Zweck moderner Staatlichkeit ist auch der Schutz der Menschen vor Gewalt. Aber Sicherheit ist kein Grundrecht. Die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vieler kommt im Katalog der Grundrechte nur dort vor, wo ausnahmsweise in das Freiheitsrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung einzelner unter strengen Auflagen eingegriffen werden darf. Grundrechte sind Freiheitsrechte, zu allererst sind sie Abwehrrechte gegen Eingriffe des Staates in die Freiheit. Im demokratischen Rechtsstaat ist Sicherheit ein Argument zur Einschränkung von Freiheit, weil Freiheit nur gedeihen und gelebt werden kann, wenn Sicherheit besteht. Aber Sicherheit darf nur soweit geschützt werden, wie sie der Freiheit dient; sobald sie die Freiheit gefährdet, ist der Freiheit Vorrang zu geben. Also: Im Zweifel für die Freiheit.
Dass Herr Friedrich es mit ihr nicht so genau nimmt, kann man daran sehen, dass er keineswegs die Praxis der US-Geheimdienste kritisiert, deutsche und europäische Bürger anlasslos auszuspähen und ihre Daten lückenlos zu sammeln und zu analysieren. Er kritisiert das nicht, weil die Kooperation mit diesen Diensten es ihm und den deutschen Geheimdiensten ermöglicht, auf diese Daten Zugriff zu nehmen. Stattdessen schließt er sich der Kritik an denen an, die diese Praktiken der Dienste öffentlich gemacht haben. Der Überbringer der Botschaft, dass unsere Verbündeten unsere Bürgerinnen und Bürger aushorchen, wird kriminalisiert. Stattdessen sollte sich Herr Friedrich auf den Schutz der Bürgerrechte konzentrieren.“