Arbeitskreis Digitale Gesellschaft

SPD Schleswig-Holstein

23. August 2013

Schleswig-Holstein
Stegner: „Eine anlasslose Datenüberwachung verletzt Grundrechte“

Ralf Stegner
Ralf Stegner | Foto: Olaf Bathke

Heute stand im Kieler Landtag das Thema „Vertraulichkeit der elektronischen Kommunikation“ auf der Tagesordnung. Es ging darum, Schlüsse aus dem NSA-Überwachungsskandal zu ziehen. Behandelt wurden dabei die Drucksachen 18/936 (PIRATEN), 18/1063 (SPD, DIE GRÜNEN, SSW), 18/1065 (CDU) und 18/1075 (FDP).

Für die Fraktion der SPD sprach der Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner:

Lassen Sie mich gleich zu Beginn feststellen, dass für die SPD-Fraktion gilt: Eine anlasslose,  verdeckte und massenhafte Datenüberwachung, ob durch US-amerikanische und britische Geheimdienste oder sonst wen, verletzt fundamentale Grundrechte. Die informationelle Selbstbestimmung gehört zu den im Grundgesetz geschützten Freiheiten. Da die USA nicht behaupten, Herr Snowden sage die Unwahrheit, sondern ihn wegen Geheimnisverrat verfolgen, muss man annehmen, dass es solche Handlungen nach derzeitigem Wissensstand gegeben hat, die nicht zu rechtfertigen sind.

Auch deshalb muss gelten, dass wir gegen Datenmissbrauch jeglicher Art konsequent vorgehen. Und ich will dies nicht nur auf Staaten und ihre Geheimdienste verstanden wissen, sondern auch die kommerzielle Nutzung von persönlichen Daten durch Unternehmen einbeziehen.

Ebenfalls eine wichtige Frage, auf die wir in diesem Skandal gestoßen sind, ist der Umgang mit Menschen wie Edward Snowden und die Auswirkungen seiner Enthüllungen auf die Pressefreiheit, wie das Beispiel Guardian zeigt. Ich meine, dass wir solche „Whistleblower“ vor Strafverfolgung schützen müssen. Dass er ausgerechnet in Moskau Asyl sucht, ist doch ein Treppenwitz.

Wir müssen uns ernsthaft die Frage stellen, ob hier die Freiheit, die wir schützen wollen, wirklich geschützt oder nicht eher partiell abgeschafft wird und ob wir das einfach so zur Kenntnis nehmen wollen. Es ist aber davon auszugehen, dass die NSA die deutsche Kommunikation überwacht. Das ist gerade unter befreundeten Staaten ein Skandal. Geradezu unfassbar ist es aber, dass wir immer noch keine Klarheit haben. Weder über die genauen Vorgänge noch über die Funktionsweise von PRISM. Ich stelle fest, dass Angela Merkels Kanzleramtsminister Ronald Pofalla verharmlost und verschweigt.

Statt dem Verdacht, dass Datensätze deutscher Bürger zu Unrecht erhoben werden, nachzugehen, erklärte er kurzerhand die Angelegenheit für beendet. Fehlt noch das Basta. Aber so haben wir nicht gewettet. Bundeskanzlerin Merkel trägt die Verantwortung, die Grundrechte der Menschen in Deutschland gegen Ausspähung zu schützen. Wie kann es eigentlich sein, dass auch Monate nach Bekanntwerden dieser Spähaffäre die Bundesregierung immer noch nicht erklärt hat, was sie über PRISM weiß? Verteidigt sie so unsere Grundrechte? Stoppt sie so die millionenfache Ausspähung?

Der Auftritt von Herrn Friedrich in Washington war für den Vertreter einer deutschen Bundesregierung schlichtweg unwürdig und hat unser Land der Lächerlichkeit preisgegeben.

Fakt ist: Entweder wir haben eine schlechte Regierung, die nichts weiß und der die Geheimdienste auf der Nase herumtanzen, oder wir haben eine Regierung, die die Bürgerinnen und Bürger belügt. Ich weiß nicht, was mir da lieber sein soll.

Und wenn dann das Parlamentarische Kontrollgremium und dessen Vorsitzender Thomas
Oppermann
nachhaken, wird ihm Wahlkampf vorgeworfen. Stattdessen versucht man, Frank-Walter Steinmeier für Vorgänge, die über 10 Jahre her sind, zu diffamieren und ihm dann den Mund zu verbieten. Wer so handelt, will nichts aufklären!

Im Übrigen finde ich die antiamerikanischen Töne in der Debatte völlig unangebracht. Dass nach den schrecklichen Anschlägen 2001 (der Attentäter kam übrigens aus Hamburg!) gegen die terroristische Bedrohung auch von befreundeten Geheimdiensten ­ also geheim ­eng zusammengearbeitet werden musste, war notwendig und ist nicht kritikwürdig. Das ist aber etwas völlig anderes als die massenhafte Ausspähung der Kommunikationsdaten deutscher Bürger mit der Spähsoftware-Technik von 2013.

Es muss endlich gehandelt werden. Neben einer umfassenden Aufklärung muss es darum gehen, Schlüsse für die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste zu ziehen. Unbestritten müssen diese im Geheimen arbeiten können, dürfen sich jedoch nicht verselbstständigen.

Immerhin hat dieser Fall schon jetzt gezeigt, dass wir ohne parlamentarische Kontrolle vermutlich immer noch auf dem Stand von vor zwei Monaten wären.

Zusätzlich bedarf es eines belastbaren Abkommens auf internationaler Ebene. Immerhin ein Datenschutzabkommen mit den USA, seit Jahren von der Merkel-Regierung in der EU blockiert, wird jetzt von der gleichen Bundesregierung kurz vor der Bundestagswahl gefordert. Dass sich Regierungen befreundeter Staaten verpflichten, nicht wechselseitig ihre Ministerien und Botschaften auszuspionieren, reicht aber nicht aus. Gerade angesichts der jüngsten Erkenntnisse muss der Schutz von Bürgerinnen und Bürgern vor Ausspähung in dem Abkommen wirksam geregelt werden. Aber auch hier duckt sich die Bundeskanzlerin weg.

Wieso verhandelt sie nicht mit US-Präsident Obama? Wie Thomas Oppermann jüngst feststellte: „Wenn Chefs von Spionagediensten ein Anti-Spionage-Abkommen aushandeln, ist ein gesundes Misstrauen nicht fehl am Platz.“

Leider sind für abschließende Schlussfolgerungen die Erkenntnisse über den PRISM-Skandal noch zu gering, aber in unserem Änderungsantrag haben wir das zusammengefasst, was wir als schleswig-holsteinischer Landtag schon jetzt feststellen können. Ich sagte vor kurzem in diesem Hause, dass Transparenz die Voraussetzung für Vertrauen ist. In dieser Überzeugung sollten wir auch mit diesem Thema umgehen.

Steffen Voß

Mitglied des Arbeitskreises Digitale Gesellschaft der SPD Schleswig-Holstein.

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