24. April 2014
Europa
„Urteil zur Vorratsdatenspeicherung läutet Zeitenwende in der EU-Grundrechtspolitik ein“
- Birgit Sippel | Foto: SPD / Susi Knoll
EU-Parlament debattiert Vorratsdatenspeicherung: Verschoben, jedoch nicht aufgehoben – so lautet das Fazit nach der Debatte zur Vorratsdatenspeicherung im Europäischen Parlament. Denn die EU-Kommission hat trotz des jüngsten Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einen Vorschlag für eine neue Richtlinie nicht pauschal ausgeschlossen. Das bestätigte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström am Mittwochabend im Straßburger Plenum.
„Der europäische Zwang zur Vorratsdatenspeicherung existiert nicht mehr“, erklärt Birgit Sippel, innenpolitische Expertin der SPD-Europaabgeordneten, in ihrem Wortbeitrag. In der Plenardebatte macht die Sozialdemokratin deutlich, dass ein Rechtsstaat seine Bürger nicht einfach ohne Verdachtsmoment pauschal überwachen dürfe. Auch unter dem Eindruck des größten Überwachungsskandals der Geschichte verlangt Birgit Sippel: „Wir brauchen eine neue Debatte über rechtsstaatliche Werte: Eine EU-weite Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung darf es im Falle einer neuen Richtlinie nicht mehr geben.“
Birgt Sippel macht zudem deutlich, dass das Urteil der obersten EU-Richter auch auf andere Mammut-Datensammelprojekte in der EU ausstrahle, wie etwa das von den Sozialdemokraten gestoppte europäische Fluggastdaten-System oder die gigantische „Smart Borders“-Datenbank: „Das Luxemburger Urteil läutet eine Zeitenwende in der EU-Grundrechtspolitik ein und erinnert uns daran, dass wir unsere Freiheit nicht für die Illusion von mehr Sicherheit aufs Spiel setzen dürfen. Als erste Reaktion auf das EuGH-Urteil müssen die Mitgliedstaaten endlich ihre Blockade des EU-Datenschutzpakets aufgeben.“
Nach der Entscheidung der obersten EU-Richter müsse aus Sicht von Birgit Sippel in den Mitgliedstaaten nun dringend eine Debatte über die Existenzberechtigung der nationalen Umsetzungsgesetze stattfinden. Bis auf Deutschland haben alle EU-Länder die mittlerweile gekippte Richtlinie umgesetzt. Deren nationalen Gesetze nehmen aber ausnahmslos alle Menschen ins Visier und verstoßen damit gegen den Geist des EuGH-Urteils und der Europäischen Grundrechtecharta.
Als Konsequenz aus dem EuGH-Urteil müssten deshalb alle nationalen Vorratsdatenspeicherungen beendet werden. Falls die Mitgliedstaaten dies nicht wollen und es juristisch nicht durchsetzbar ist, müssen die nationalen Gesetze durch eine europäische Richtlinie grundlegend überarbeitet werden. „Jede neue Richtlinie muss neben anderen Garantien zwingend ein Verbot beinhalten, pauschal und ohne jede Differenzierung alle Personen ins Visier zu nehmen. Die EU und die Mitgliedstaaten müssen rechtsstaatliche Prinzipien achten und verteidigen“, so Birgit Sippel.