Arbeitskreis Digitale Gesellschaft

SPD Schleswig-Holstein

26. Mai 2015

Wirtschaft
Anonymes Bezahlen muss auch digital möglich sein

Bitcoin-Chart auf Tablet-PC
Bitcoin-Chart | Foto: Fabian Figueredo - CC BY-SA 2.0

Bargeldloses Zahlen nimmt weiter zu: Viele Zahlungsdienstleiser arbeiten an der Entwicklung und Marktdurchdringung von mobilen Zahlsystemen. Bisher sind sie noch einigermaßen unpraktisch, aber sobald jemand eine wirklich praktische Lösung entwickelt, die auch kleine Zahlungen einfach macht, wird sich das bargeldlose Zahlen weiter durchsetzen, sozusagen „User driven“. Die Frage ist also eigentlich nicht „ob“, sondern „wann“ und „wie“ bargeldloses Zahlen kommen wird. 

Dieser Prozess muss politisch gesteuert werden. Nicht nur mit Blick auf Datenschutz und Privatsphäre. Bargeld ist ein Stück Bürgerfreiheit und Selbstbestimmtheit.

Ohne Bargeld begeben wir uns in die absolute Abhängigkeit von Banken und Behörden. Bankenkrisen schlügen sofort und ohne den Puffer durch Bargeld auf den Kunden durch. Eine Kontosperrung würde einen unverzüglichen Ausschluss aus allen geldbezogenen Transaktionen bedeuten. Nicht einmal Geld von Freunden könnte man sich mehr leihen.

Es gibt also zwei unterschiedliche Aspekte in dieser Diskussion. Zum einen geht es um „analoges“ und „digitales“ Geld. Das analoge Geld hat momentan noch so viele Vorteile, dass mir alleine die Vorstellung einer kompletten Umstellung Bauchschmerzen macht.

Dabei geht es eher um die kleinen Dinge: Kindern Taschengeld geben, Kleinspenden für Bettler und Straßenmusiker, Freunden Geld leihen, Seitenwahl beim Fußball, Wünschbrunnen (was werfe ich dann da rein? Mein Handy?) und so weiter. Aber das würde ich jetzt eher dem Alter und der Bargeld-Romantik des Autoren zuschreiben. Eine Digitalisierung des Geldes ist nur eine Frage der praktischen Umsetzung.

Zum anderen geht es um „eigenes“ Geld – anonym und unabhängig von Banken und Kontrollen. Ich bin der Meinung, dass der Staat seinen Bürgern in einem gewissen Rahmen diese Freiheit zugestehen muss. Das heißt, es müsste eine Art digitales Bargeld geschaffen werden, das frei untereinander getauscht werden kann.

Hier kommen Crypto-Currencies wie Bitcoin ins Spiel. Diese Währungen ermöglichen anonyme Transaktionen und sind völlig unabhängig von staatlichen Kontrollen. Aus diesem Grund werden sie von Regierungen höchst argwöhnisch betrachtet, da sie (zumindest theoretisch) in der Lage sind, das komplette staatlich gesteuerte Geldsystem zu bedrohen. Es gab schon in verschiedenen Ländern Bestrebungen, diese Alternativ-Währungen komplett zu verbieten. Zudem leiden sie unter starken Kursschwankungen.

Mögliche währe die Einführung eines Crypto-Euro, der Bargeld ersetzt und von jedem Bürger in einem gewissen Rahmen gegen den „echten“ Euro umgetauscht werden kann.

Um es kurz zu machen:

  1. Digitale Zahlarten werden zunehmen und zukünftig einen großen Teil aller Umsätze ausmachen
  2. Die Umstellung auf digitales Zahlen muss politisch gesteuert werden
  3. Es muss einen Rahmen geben, in dem Zahlungen anonym und konto-unabhängig erfolgen können

Peter Meyer-Delius

Peter Meyer-Delius ist Mitglied im Arbeitskreis Digitale Gesellschaft

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3 Kommentare

  1. DerWolf sagt:

    Das Hauptschlagwort des Zahlens mit Bargeld heißt Offlinefähigkeit. Die Handlungsfreiheit, mit Bargeld zahlen zu können, gehört in den größeren Kontext der „Offlinefähigkeit“ des Einzelnen. Teilhabe am sozialen Leben muss auch offline möglich sein, und zwar auch für den, der keine Geschenke nehmen will (Suppenküche), obwohl er am Ort seines Aufenthalts kein soziales Kapital hat (Freunde). So funktioniert etwa die soziale Konstruktion von Respekt zwischen Fremden, die auf Reisen sind, überhaupt nur so lange, wie alle die Möglichkeit der Barzahlung haben, also nicht auf einen Oligopoldienstleister des bargeldlosen Zahlungsverkehrs angewiesen sind. Die Möglichkeit der Verfügung über anonym einsetzbares Debitgeld („Bargeld“) ist deshalb eigentlich eine „paulskirchenhaft-antifeudalistische“ und „bürgergenossenschaftliche“ Forderung, die zum Beispiel einen unmittelbarem Zusammenhang zur allgemeinen Bewegungs- und Reisefreiheit hat, (heute: Deutsches Grundgesetz, dort Artikel 11). Es lassen sich aber Bezüge auch zu den Artikeln 8 Absatz 1, Art. 12, 15, 16, 17, 36, 45, 48 der EU-Grundrechtecharta darlegen, die als Teil des Lissabon-Vertrags ebenfalls geltendes Recht ist (http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:12012P/TXT&from=DE).

  2. DerWolf sagt:

    Eine Ergänzung: Wie eigentlich soll die Unterstützung politischer Opposition funktionieren, – ohne Bargeld? Soll man befreundete Oppositionelle – etwa in Minsk, Teheran oder wo immer sonst – künftig per Banküberweisung versorgen? Wie bezahlen helfende Dritte den Strafverteidiger missliebiger Leute, – in Berlin oder in Istanbul? Anders als bar? Wie bezahlen Eltern die Klassenreise der „besten Freundin“ der Tochter, wenn deren Mutter Hartz 4 bezieht? Vielleicht am Besten bar?

  3. Marco sagt:

    In diesem Bereich hat sich in den letzten Jahren ja doch einiges getan und auch in Zukunft wird man einiges in der Entwicklung beobachten können. Ich jedenfalls bin sehr gespannt, wie es in diesem Bereich weitergeht.

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