Arbeitskreis Digitale Gesellschaft

SPD Schleswig-Holstein

20. März 2015

Bürgerrechte
Geheimdienste müssen stärker die Effektivität ihrer Arbeit nachweisen

Kai Dolgner, MdL
Kai Dolgner | Foto: Steffen Voß, CC-BY-SA

„Wofür braucht man einen Geheimdienst,“ fragte der SPD-Abgeordnete Kai Dolgner heute in der Landtagsdebatte um einen Antrag der Fraktion der Piratenpartei zum im Bund geplanten „Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit im
Bereich des Verfassungsschutzes“.

Kai Dolgner erklärte: „Es gibt diejenigen, die Geheimdienste als Allheilmittel für jede Bedrohung sehen. Nur Agenten mit allen Vollmachten, quasi außerhalb der normalen Rechtsordnung stehend, sind gute Agenten. Das sind nicht nur die Menschen, die offenbar zu viele James-Bond-Filme geguckt haben, sondern die auch ernsthaft fordern, Geheimdienste sollten gegen die organisierte Kriminalität eingesetzt werden, weil Geheimdienste nachrichtendienstliche Mittel zur Verfügung haben, die die Polizei aus gutem Grund nicht hat.

Auf der anderen Seite sind diejenigen, die Geheimdienste abschaffen wollen, weil sie ihre Informationen halt mit geheimen Mitteln beschaffen und ihre Arbeit deshalb auch nicht zu 100% öffentlich gemacht werden kann. Auch die parlamentarische Kontrolle kann deshalb im Kern nur geheim stattfinden.

Die Gretchenfrage ist: Hat eine demokratische Gesellschaft einen Bedarf nach geheimdienstlichen beschafften Erkenntnissen oder nicht? Bei den meisten Terroranschlägen war ja nicht die Hauptkritik, dass es Geheimdienste gibt, sondern warum sie die meistens schon vorher bekannten Täter im Vorfeld so unterschätzt haben bzw. so wenig gewusst haben.

So ist es nicht verwunderlich, dass in der letzten Umfrage 61% der Befragten die Kompetenzen der Geheimdienste für in etwa richtig hielten bzw. diese noch ausbauen wollen, während nur 21% für eine Einschränkung plädieren. Damit sind die Deutschen übrigens immer noch kritischer als die Bürger anderer europäischer Staaten.

Was würde also passieren, wenn wir die Geheimdienste wirklich abschaffen würden? Beim nächsten Vorfall mit einem politisch oder religiös motivierten Hintergrund würde sofort die Forderung laut werden, warum man nicht rechtzeitig die dahinterstehenden Strukturen oder sogar die Täter erkannt habe. Und als Nächstes würde dann der Ruf nach geheimdienstlichen Befugnissen für die verbliebende Sicherheitsbehörde laut, nämlich der Polizei. Und genau das wollen wir auch angesichts unserer Geschichte nicht!

Ja, die Geheimdienste haben bei der NSU-Mordserie versagt und ihre Aufgaben nicht erfüllt. Versagt haben laut Bericht aber auch die Polizei, Staatsanwaltschaften und einige Innenminister. Die müssten wir nach der Logik auch abschaffen oder? Nach Auffassung der SPD sind Geheimdienste zwar nicht verzichtbar, sie sind aber auch keine Allheilmittel und der NSU-Abschlussbericht hat schonungslos die Defizite aufgezeigt.

Da wäre zunächst der dringend notwendige Mentalitätswechsel bei allen Sicherheitsdiensten, damit nicht wieder wie bei dem NSU nur in eine Richtung und dann noch die falsche Richtung ermittelt wird.

Auch die Geheimdienste müssen stärker als bisher auch gegenüber der sie kontrollierenden Politik die Effektivität ihrer Arbeit nachweisen. Geheim tagende Sitzungen sollten schon besser genutzt werden, die tatsächliche Arbeit darzustellen und auch hinterfragen zu lassen und nicht nur allgemeine Erkenntnisse zu präsentieren.

Nicht erst seit dem NSU-Abschlussbericht stehen die V-Personen in der Kritik. Als „menschliche Wanzen“ sind sie teilweise sogar genauso geeignet, die Privatsphäre der so Ausgespähten zu verletzten als Mittel der Telekommunikationsüberwachung. Im Gegensatz zur Telekommunikationsüberwachung fehlen aber nach wie vor die bundesgesetzlichen Grundlagen. Der Einsatz von V-Personen sollte aber nicht nur inhaltlich auf „Bestrebungen von erheblicher Bedeutung, insbesondere wenn sie darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewalt vorzubereiten“ beschränkt werden, wie es der Entwurf vorsieht, sondern wir sollten darüber nachdenken, ob über den grundsätzlichen Einsatz von V-Personen als nachrichtendienstliches Mittel nicht analog zu den Entscheidungen der G10-Kommission zur Telekommunikationsüberwachung verfahren werden sollte.

Es gibt auch viele weitere Fragen, z.B. ob, wie und wann die Geheimdienste zwingend Polizei und Staatsanwaltschaften bei Kenntnissen von schwersten Straftaten einschalten müssen oder wie sich bei den sogenannten Cyber-Gefahren die Abwehr der Tätigkeit ausländischer Dienste von der Verfolgung von ganz normalen Kriminellen, das wäre nämlich eine Aufgabe der Polizei, sauber trennen lässt. Diese und viele weitere Fragen sollten wir im Ausschuss klären.“

Steffen Voß

Mitglied des Arbeitskreises Digitale Gesellschaft der SPD Schleswig-Holstein.

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