Arbeitskreis Digitale Gesellschaft

SPD Schleswig-Holstein

3. August 2011

Allgemein
Vorratsdatenspeicherung: Antwort auf kleine Anfrage

Anfang Juli stellte der SPD-Landtagsabgeordnete Kai Dolgner eine kleine Anfrage an die Landesregierung zum Thema "Vorratsdatenspeicherung". Nun gibt es die Antwort und einen Kommentar von Kai Dolgner.

Antwort

Drucksache 17/1667 Schleswig-Holsteinischer Landtag – 17. Wahlperiode

Vorbemerkung der Landesregierung:

Die Landesregierung hält die Verwendung des Begriffs der „Vorratsdatenspeicherung“ in dem Sachzusammenhang für missverständlich. Sie spricht vielmehr von „Mindestspeicherfristen“ für Bestandsdaten der Provider. Datenspeicherung auf Vorrat bei Sicherheitsbehörden fand nicht statt und wird nicht erörtert.

  1. Welche polizeiliche Aufklärungsquote ergibt sich landesweit bei den 2008, 2009 und 2010 jeweils geführten polizeilichen Ermittlungsverfahren wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften (PKS-Schlüssel 143200, 143300 und 143400) mit der Kennung ‚Tatmittel Internet‘?"
    Antwort: Die Fallzahlen und Aufklärungsquoten laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) er-geben sich aus der folgenden Darstellung:

     Jahr 2008 2009 2010
     Fälle 321 283 179
     Aufklärungsquote 81,9 % 83 % 76 %
  2. Wie viele Straftaten mit der Kennung ‚Tatmittel Internet‘?" konnten 2010 in Schleswig-Holstein wegen fehlender Vorratsdaten nicht aufgeklärt werden?
    Antwort: Im Hinblick auf alle Straftaten mit der Kennung „Tatmittel Internet“ ist die Aufklärungsquote im Jahr 2010 bei einer Gesamtfallzahl von 10.128 gegenüber dem Vorjahr (Gesamt: 10.595) von 75,3 auf 68,1 Prozentpunkte gesunken. Inwieweit allein fehlende Mindestspeicherfristen den Aufklärungserfolg verhindert haben, kann nur bei Betrachtung der Einzelfälle erhoben werden, was vom Aufwand her allerdings nicht leistbar ist. Hinsichtlich der unter Nr. 1 bezeichneten Straftaten wurden im Berichtszeitraum 2010 in der PKS 179 Fälle erfasst. Hiervon konnten 136 Fälle aufgeklärt werden. Unter den restlichen 43 Fällen waren acht, bei denen die IP-Adressen nicht mehr als Bestandsdaten bei den Providern vorrätig wa-ren und deshalb nicht aufgeklärt werden konnten.
  3. Wie viele dieser nicht aufgeklärten Straftaten unter 2.) sind schwere Straftaten im Sinne des § 100a Abs. 2 StPO?
    Antwort: Alle in der Antwort zu Nr. 2, letzter Satz, genannten acht Fälle sind schwere Straftaten im Sinne des § 100a Abs. 2 StPO.
  4. Bei wie vielen dieser nicht aufgeklärten Straftaten unter 3.) hätte eine Zuordnung der IP-Adresse zum Anschlussinhaber aus Vorratsdaten weitere Ermittlungen ermöglicht?
    Antwort: Eine Zuordnung der IP-Adresse zum Anschlussinhaber aus den bei den Provi-dern hinterlegten Bestandsdaten hätte in den o.g. acht Fällen weitere Ermittlungen ermöglicht.

Kommentar Kai Dolgner, MdL

 

  1. Es wird selbst beim Tatmittel Internet nicht bei allen Straftaten regelmäßig erfasst, weshalb eine Aufklärung scheitert. Angesichts der Diskussion um die VDS halte ich das für nicht nachvollziehbar. Wer Eingriffe in Grundrechte rechtfertigen will, muss den Nachweis der Erforderlichkeit bringen. Ohne eine systematische Erfassung der Verhinderung der Aufklärung ist mensch weiterhin auf Mutmaßungen angewiesen. Veränderungen in Aufklärungsquoten sind nämlich selten monokausal.
  2. Auch hier zeigt sich wieder (wie bei fast allen Fällen der BKA-Studie auch), dass es nachweisbar nur bei der fehlenden IP-Zuordnung zum Anschlussinhaber in 8 von 179 Fällen zu einer Verhinderung der Aufklärung kam. Für alle anderen viel weitergehenden Maßnahmen der VDS bleibt auch hier die Landesregierung den empirischen Nachweis der Notwendigkeit schuldig.
  3. Selbst bei den "internettypischen" Kinderpornografiedelikten, die ja gerne in der Diskussion angeführt werden, waren nur in unter 5% der Fälle die fehlende IP-Speicherung das Problem. Bei einer Aufklärungsquote von 76% sollte man also auch ohne VDS nicht von einem "rechtsfreien" Raum sprechen, die Chance erwischt zu werden ist deutlich höher als bei Brandstiftung oder RaubEs bleibt festzuhalten, dass die einzige Maßnahme aus der VDS, die einigermaßen nachweisbar den Fahndungserfolg erhöhen könnte, die IP-Speicherung ist. Die IP-Speicherung ist zumindest mit der geringste Grundrechtseingriff aus der VDS. Ob eine Erhöhung um 5% die IP-Speicherung rechtfertigt, kann man diskutieren.

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