Die Digitale Gesellschaft und ihre Leitsätze
Die Gesellschaft wird maßgeblich von ihren Akteuren und den zwischen ihnen bestehenden Beziehungen und Interaktionen geprägt.
Die Digitale Gesellschaft zeichnet sich durch die Allgegenwärtigkeit von Rechnern aus, — durch die damit einhergehende umfassende Erhebung und dauerhafte Speicherung sowie durch die Möglichkeit der jederzeitigen Auswertung dieser Beziehungen und Interaktionen. Die Digitale Gesellschaft schafft auf diese Weise zugleich neuartige Chancen und neuartige Risiken: Diese folgen aus der Möglichkeit, einmal gespeichertes Wissen über Tatsachen, Meinungen, Beziehungen und Interaktionen mit Wissen aus anderen Quellen beliebig zu verknüpfen, es anders als ursprünglich gedacht auszuwerten, es maschinell weiterem Wissen, weiteren Beziehungen oder weiteren Interaktionen zuzuordnen, oder es zu maschinell auswertbaren Strukturbildern („Profilen“) zusammenzufassen.
Die Digitale Gesellschaft schafft eine neue Seite dessen, was wir „die Öffentlichkeit“ nennen: die digitale Öffentlichkeit. Diese neue Seite der Öffentlichkeit offenbart und verdeutlicht den Wandel der Chancen und Risiken unserer gesamten Gesellschaft. Durch sie entstehen neue Äußerungs– und Handlungsräume. Die digitale Gesellschaft verschiebt dabei Machtverhältnisse. Dabei können bekannte Akteure, Äußerungs– und Handlungsformen an mancher Stelle übermächtig oder an anderer Stelle überflüssig werden. Sie zeigt neben neuen Konflikten aber gleichzeitig auch bestehende Konflikte auf. Die Digitale Gesellschaft steht in der Verantwortung, hier für Transparenz zu sorgen, neue Chancen für die Stiftung sozialen Zusammenhalts zu stärken und den Vorrang des Rechts vor der Übermacht der Starken zu sichern.
Die Digitale Gesellschaft ist unsere heutige Lebenswirklichkeit. Sie ist keine Parallelgesellschaft.
Politik für die Digitale Gesellschaft ist Gesellschaftspolitik. Sie ist keine Klientelpolitik. Die Digitale Gesellschaft beerdigt die der Ausrede, die Geheimniskrämerei der Gremien und Zirkel sei ein Sachzwang.
Grundwerte der Digitalen Gesellschaft
Die Digitale Gesellschaft basiert auf unseren Grundwerten der Solidarität, der Freiheit und der Gerechtigkeit.
Diese Werte sind in der Digitalen Gesellschaft nicht obsolet. Es ist die Herausforderung der Zukunft, diese Werte in der Digitalen Gesellschaft zu bewahren und umzusetzen.
Die staatliche und gesellschaftliche Anerkennung und Beachtung der Grundrechte sowie der freiheitlich demokratischen Grundordnung als universelle Werte sind Basis der Digitalen Gesellschaft.
Dieser Aufgabe stellen wir uns.
Freiheit
Freiheit bedeutet die Möglichkeit, selbstbestimmt zu leben. Ob dieser Berufung entsprechend gelebt werden kann, entscheidet sich in der Gesellschaft.
Dazu gehört die Gewissheit, in Freiheit von Überwachung, ohne Ausforschung und sonstigem äußeren Zwang zu leben. Ebenso umfasst Freiheit die Chance, eigene Fähigkeiten ungehindert zu entfalten und in der Gesellschaft und Politik verantwortlich mitzuwirken.
Die Freiheit des Einzelnen endet, wo sie die Freiheit Anderer verletzt.
Selbstbestimmung in der Digitalen Gesellschaft bedeutet die freie Entscheidung über das Ob und Wie der aktiven oder passiven Teilhabe. Selbstbestimmung bedeutet auch die Entscheidungsfreiheit über das Nutzen und Bereitstellen von persönlichen Informationen.
Gesellschaftliche und politische Mitwirkung in der Digitalen Gesellschaft bedeutet die beschränkungsfreie Wahrung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Willensbekundung jedes Einzelnen.
Gerechtigkeit
Gerechtigkeit gründet in der gleichen Würde jedes Menschen. Sie bedeutet gleiche Freiheit und gleiche Lebenschancen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht und Lebensumständen. Gerechtigkeit bedeutet die gleiche Teilhabe an den Chancen und Risiken der Digitalen Gesellschaft.
Würde in der Digitalen Gesellschaft bedeutet die Einzigartigkeit jedes Einzelnen, die darauf basierenden selbstbestimmten Entscheidungen und individuellen Bedürfnisse zu achten und anzuerkennen. Der gesellschaftliche Fortschritt und die sich mit ihm entwickelnden neuen Kommunikations-, Interaktions– und Handlungsformen sind nicht Selbstzweck. Sie haben sich am Einzelnen auszurichten.
Gleiche Lebenschancen und gleiche Teilhabe in der Digitalen Gesellschaft bedeuten nicht Gleichmacherei. Sie bieten Raum für die Entfaltung individueller Neigungen und Fähigkeiten.
Wer die Vorteile der Entwicklung der Digitalen Gesellschaft nutzt, wird verpflichtet, zum Wohl und der Weiterentwicklung der Gesellschaft beizutragen.
Solidarität
Solidarität bedeutet wechselseitige Verbundenheit, Zusammengehörigkeit und Hilfe. Sie ist eine starke Kraft, die insbesondere die digitale Gesellschaft zusammenhält.
Verbundenheit in der Digitalen Gesellschaft bedeutet die gemeinsame Verantwortung für die Ausrichtung der Gesellschaft an allgemein anerkannten, humanistischen Werten wie Toleranz sowie der Würde und Souveränität des Einzelnen. Sie bildet die Grundlage der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Gesellschaft.
Zusammengehörigkeit in der Digitalen Gesellschaft bedeutet zwar das Herausbilden von Gruppen mit gleichen Interessen und Zielen. Jegliche Ausgrenzung und Benachteiligung ist jedoch mit der Idee einer solidarischen, digitalen Gesellschaft nicht vereinbar.
Hilfe in der Digitalen Gesellschaft bedeutet sowohl spontane und individuelle aber auch organisierte und gemeinschaftsorientierte Unterstützung. Sie darf nicht durch räumliche und technische Distanz, politische Systeme oder kulturelle Differenzen behindert werden. Hilfsbereitschaft setzt einen gesellschaftlichen Prozess der Wahrnehmung von Hilfsbedürftigkeit voraus.
Nur wer in der Digitalen Gesellschaft frei und unbeobachtet handeln kann, ist in der Lage Hilfe anzubieten oder anzunehmen.
Leitsätze
Die Digitale Gesellschaft schafft eine neue Form des öffentlichen Raums. Wir treten ein für eine Förderung der sich in diesem Raum entwickelnden Kommunikations– und Interaktionsformen und eine Förderung der Digitalen Öffentlichkeit zum Wohle der gesamten Gesellschaft unter Beachtung der Individualinteressen.
Unsere Politik gestaltet die Digitale Gesellschaft für die an ihr Partizipierenden und auch für diejenigen, die nicht aktiv an ihr teilhaben können oder wollen. Der Weiterentwicklung der Digitalen Gesellschaft liegen folgende Leitsätze zugrunde:
Freiheit der Kommunikation
Die sich in der Digitalen Gesellschaft herausbildenenden neuen Komunikationsformen– und –techniken basieren auf einem bidirektionalen Fluss von Information. Die Freiheit dieses Austausches ist maßgeblich für die Fortentwicklung der Digitalen Gesellschaft. Jegliche Formen der Einschränkungen dieser Freiheit müssen gerechtfertigt und verhältnismäßig sein. Die für die überkommenen Kommunikationstechniken anerkannten Maßstäbe bei der Beschränkung der Freiheit der Kommunikation gelten auch für die neuen Formen. Die technisch bedingten niedrigen Hürden der Speicherung, Kontrolle, Überwachung und Beeinflussung der Kommunikation dürfen nicht dazu verleiten, die Grundwerte der freien Meinungsbildung und –äußerung zu missachten. Wir treten ein für unbeobachtbare, zensurfreie und ungehinderte Kommunikation in der Digitalen Gesellschaft.
Wirtschaft
Die Digitale Gesellschaft besitzt ein hohes, eigenes wirtschaftliches Innovations– und Enwicklungspotenzial. Sie ist auch für die klassischen Wirtschaftszweige unverzichtbare Bedingung für deren nachhaltige Entwicklung. Wir müssen die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen orientiert an den Bedürfnissen eines freien, verantwortungsvollen und sozial verträglichen Wirtschaftswachstums schaffen.
Kultur
Die Digitale Gesellschaft und ihre Kommunikations– und Interaktionsformen bilden nicht nur neue Form– und Kultursprachen. Sie selbst stellt eine neue, eigene Kulturtechnik dar. Sie hat somit einen berechtigen und unbestreitbaren Anspruch, mit den anderen, anerkannten Kulturtechniken gleichberechigt beachtet und behandelt zu werden.
Wissenschaft
Die Digitale Gesellschaft prägt die Wissenschaft und Lehre. Sie trägt maßgeblich zum Finden neuer Erkenntnisse bei. Der durch sie möglich werdende Zugang und die Vernetzung des bereits existierenden Wissens führt zu neuen Erkenntnissen. Die Interaktion zwischen Forschenden, Lehrenden und Lernenden erweitert sich und schafft neue Formen der Wissensfindung. Darüberhinaus lösen sich die klassischen Wissens-Eliten auf. Die allgemeine Verfügbarkeit des gefundenden Wissens steht durch die Digitale Gesellschaft auch denjenigen zur Verfügng, die bisher von diesen Kenntnissen ausgeschlossenen waren.
Bildung
Die Teilhabe an der Digitalen Gesellschaft setzt spezifische Kenntnisse voraus. Diejenigen, die aufgrund fehlender Bildung sich die in der Digitalen Gesellschaft zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht erschließen können, werden von der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung abgekoppelt und von deren Vorteilen ausgeschlossen sein. Den Umgang mit dieser neuen Kulturtechnik von Beginn an zu vermitteln, ist eine zentrale Aufgabe. Nur eine breite Vermittlung des Umgangs mit den neuen Kommunikationsformen der Digitalen Gesellschaft schützt vor der drohenden Herausbildung einer Parallelgesellschaft.
Staat
Der Staat muss sich der Digitalen Gesellschaft öffnen und sie nicht als privates Engagement Einzelner betrachten. Er setzt nicht nur die technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Der Staat selbst ist Teil der Digitalen Gesellschaft und gestaltet unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundsätze der Grundrechte, Demokratie, des Rechts– und Sozialstaates und der Republik diese mit. Wir treten ein für einen Staat, der transparent handelt, seine Informationen mit Interessierten teilt und eine demokratische Teilhabe an der Verwaltung und Steuerung ermöglicht.
Politik
Politik für die Digitale Gesellschaft ist keine Klientelpoltik. Die politische Entwicklung der Digitalen Gesellschaft ist kein eigenständiger Politikbereich sondern Querschnittsaufgabe. In den zusehends überkommenen Politikbereichen sind unsere Grundsätze der Digitalen Gesellschaft bereichsspezifisch umzusetzen. Nur so können alle gesellschaftlichen Gruppen das Potenzial der Digitalen Gesellschaft nutzen.