Mittlerweile hat sie fast jedes Blog und sie ersetzen oft den RSS-Feed: Die Facebook Fanpages. Diese institutionellen Profile haben viele Vorteile. Vor allem lässt sich umfangreich auswerten, wer die Seite wie nutzt. Diese Datenflut wird den Seiten jetzt zum Verhängnis: Die Unabhängige Landeszentrale für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) erklärte heute, dass das nicht mit dem deutschen Datenschutzrecht vereinbar ist.
Die ULD schreibt:
Bei Nutzung der Facebook-Dienste erfolgt eine Datenweitergabe von Verkehrs- und Inhaltsdaten in die USA und eine qualifizierte Rückmeldung an den Betreiber hinsichtlich der Nutzung des Angebots, die sog. Reichweitenanalyse. Wer einmal bei Facebook war oder ein Plugin genutzt hat, der muss davon ausgehen, dass er von dem Unternehmen zwei Jahre lang getrackt wird. Bei Facebook wird eine umfassende persönliche, bei Mitgliedern sogar eine personifizierte Profilbildung vorgenommen. Diese Abläufe verstoßen gegen deutsches und europäisches Datenschutzrecht.
Links
Gestern (22. März 2011) hat der schleswig-holsteinische Landesbeauftragte für Datenschutz, Dr. Thilo Weichert, den Tätigkeitsberichts des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz vorgelegt.
Der datenschutzpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, PeterPeter Eichstädtet:
"Augenfällig wird durch den Bericht des Datenschutzbeauftragten, dass ganz offensichtlich das Recht der Menschen auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz ihrer persönlichen Daten nicht ausreichend ernst genommen wird. Bei vielen Firmen, die mit dem Handel und der Verarbeitung von Daten und Bildern Geschäfte machen, ist offensichtlich kaum ein Unrechtsbewusstsein vorhanden. Es ist nicht akzeptabel, dass insbesondere amerikanische Unternehmen wie Google und Facebook datenschutzrechtliche Bestimmungen in Deutschland erfolgreich unterlaufen.
Das macht es erforderlich, neben weiterhin konsequenter Arbeit der Datenschutzbeauftragten Gesetze auf den Weg zu bringen, die effektiver schützen sowie die Aufklärung der Bevölkerung weiterzuführen, um zu einem gesellschaftlichen Bewusstsein für den so wichtigen Schutz persönlicher Daten zu kommen. „Meine Daten gehören nur mir“ muss zu einer gesellschaftlichen Norm und Datendiebstahl gesellschaftlich in gleicher Weise geächtet werden wie der Diebstahl von Sachen."
Links
Marco Freiersdorf kann bei O2 kein Kunde werden, weil er in Neukölln wohnt. Diesen Schluss zieht er jedenfalls selbst, nachdem er bei der Auskunftei Arvato-Infoscore die Basis für seine Bewertung erfragt hat. Die sagte, sie wisse über ihn nicht mehr als Anschrift und Alter und aus der Erfahrung mit der Zahlungsmoral seiner Nachbarschaft bekam er einen unterdurchschnittlichen Scoringwert. Mit einem unterdurchschnittlichen Scoringwert bekommt man aber bei O2 keinen Vertrag. Marco Freiersdorf ist Opfer von Geoscoring geworden – dem statistischen Verfahren, dass aus einer Anschrift Zahlungswahrscheinlichkeiten zu errechnen.
Der Fall erinnert an das Redlining, mit dem bis in die 1960er Jahre Stadtteile mit schwarzer Bevölkerungsmehrheit in den USA von der Vergabe von Hypotheken ausgeschlossen wurden. Hypotheken sind aber auch die Grundlage für Investitionen und Investitionen eine Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg. Derart benachteiligte Bevölkerungsgruppen geraten in der Folge in einen selbstverstärkende Abwärtsspirale.
In Neukölln sorgt das Geoscoring in diesem Fall dafür, dass ein junger Mensch keinen Mobilfunkvertrag abschließen kann. Er ist damit von bestimmten gesellschaftlichen Möglichkeiten ausgeschlossen. Kommunikation findet heute zunehmend über Mobiltelefone statt. Und zwar nicht nur per SMS oder Anruf, sondern auch über das mobile Internet.
Thilo Weichert, Landesdatenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, ist der Meinung, dass nach der Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) vom 1. April 2010 niemand aufgrund seines Wohnortes diskriminiert werden dürfe. Ein Wahrscheinlichkeitswert für ein bestimmtes zukünftiges Verhalten dürfe nur verwendet werden, wenn nicht ausschließlich Anschriftendaten genutzt werden. Arvato-Infoscore wird sich vermutlich darauf berufen, dass sie neben der Anschrift noch das Alter bzw. das anhand des Vornamens geschätzte Alter mit einbezogen haben. Das macht die Sache leider kein bisschen diskriminierender.
Links
Deutschland ist bekannt für seinen starken Datenschutz. Woher kommt der? Was sind die Ideen dahinter und wer die treibenden Personen? Eine Interview-Reihe des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) geht diesen Fragen nach. In den Videos kommen Datenschützer der ersten Stunde zu Wort, aber auch die aktuelle Datenschützer wie Thilo Weichert oder Marit Hansen.
Links
ULD: Interviews zur Geschichte und Programmatik des Datenschutzes in Deutschland
Das Jahresprogramm 2011 des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) ist jetzt verfügbar. Die Datenschutzakademie Schleswig-Holstein hat sich zum Ziel
gesetzt, Kenntnisse auf dem Gebiet des Datenschutzes, der Datensicherheit
und des Datenverarbeitungsrechts praxisgerecht zu vermitteln.
Vom Grundkurs Datenschutz bis hin zur sicheren Linux-Server-Konfiguration ist für jeden etwas im Angebot. Es gibt außerdem spezielle Datenschutzkurse zum Beispiel für Arztpraxen oder Schulsekretariate.
Links