Arbeitskreis Digitale Gesellschaft

SPD Schleswig-Holstein

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Entwurf des Leistungsschutzrecht verfügbar

iRights.info hat den Referenten-Entwurf zum Leistungschutzrecht veröffentlicht.

iRights.info hat einen eigenen Bereich zum Leistungsschutzrecht mit weiteren Informationen, ebenso IGEL (Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht).

IGEL hat auch die Stellungnahme des AK Digitale Gesellschaft zum Leistungsschutzrecht übernommen und zusammengefasst.

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Kein Leistungschutzrecht für Verleger!

Anlässlich der aktuellen Diskussion und der Planung der Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP auf Bundesebene, das Leistungsschutzrecht noch vor der Sommerpause einzuführen, positioniert sich der Arbeitskreis "Digitale Gesellschaft" der SPD Schleswig-Holstein wie folgt:

Der AK spricht sich gegen ein wettbewerbsrechtlich begründetes Leistungsschutzrecht für Presseverleger aus. Wir wollen dagegen prüfen, ob ein urheberrechtlich begründetes Leistungsschutzrecht für Journalisten die Stellung der angestellten und der freiberuflichen Journalisten gegenüber den Verlagen und Suchmaschinenbetreibern stärkt.

Begründung

Die Regierungskoalition im Bund hat mit Beschluss vom 5.3.2012 ein "Leistungsschutzrecht für Presseunternehmen" beschlossen. Der Beschlusstext drückt sich vor einer klaren Aussage dazu, was die "geschützte Leistung" ausmacht, und von welcher Art der rechtliche Schutz sein soll. Es steht lediglich fest, dass nicht Journalisten, sondern Presseunternehmen geschützt werden sollen. Journalisten sollen lediglich in einer Weise an den Zusatzerlösen beteiligt werden, die mehr oder minder im Belieben der Presseverleger steht.

Wir halten dazu fest:

I. Unsere Rechtsordnung sieht die Erfindung beliebiger Leistungsschutzrechte durch den Gesetzgeber nicht vor. Statt beliebiger Leistungsschutzrechte kennt unsere marktwirtschaftliche Wettbewerbsordnung regelmäßig nur urheberrechtliche und nur ausnahmsweise wettbewerbsrechtliche Leistungsschutzrechte. Das von der Regierungskoalition geplante Leistungsschutzrecht für Presseverleger ist aber sachlich kein urheberrechtliches sondern ein wettbewerbsrechtliches Leistungsschutzrecht: Denn es soll für alle übermittelten Presseinhalte gelten, unabhängig davon, ob diese Presseinhalte selbst einen Urheberschutz genießen oder nicht.

Unsere Rechtsordnung sieht auch nicht vor, Leistungsschutzrechten beliebige Inhalte zu geben. Herkömmlich verschaffen Leistungsschutzrechte ihrem Inhaber das Recht, etwas zu verbieten. "Leistungsschutzrechtlicher Verbotsanspruch" ist die Bezeichnung dafür. Das geplante Leistungsschutzrecht soll aber kein Verbotsrecht einführen, sondern es soll einen Anspruch auf fremdes Geld verschaffen. Es ist ein "leistungsschutzrechtlicher Entgeltanspruch".

Leistungsschutzrechte auf der Grundlage des Wettbewerbsrechts sind in unserer auf Wettbewerb gegründeten Rechtsordnung ein Fremdkörper. Gegen fremden Wettbewerb gibt es nur ganz ausnahmsweise rechtlichen Schutz. Der besteht dann gewöhnlich in Verbotsansprüchen, nicht in Entgeltansprüchen. Diese wenigen Ausnahmen betreffen den Schutz für Datenbanken als Ganzes oder für Datenbankteile und den Schutz vor „unlauterem Wettbewerb“, also den Schutz gegen kopierende Nachahmung und den Schutz gegen unmittelbare Leistungsübernahme („Ausschlachten“ fremder Leistung). Dagegen sind Vorrang-Rechte einer Wettbewerbsordnung fremd: Ältere Rechte früherer Anbieter, – mit Vorrang gegenüber den jüngeren Rechten späterer Anbieter – gibt es dort nicht.

Die ausnahmsweise verbotenen (weil: „unlauteren“) Wettbewerbsweisen sind aber nicht das was Suchmaschinen und News-Aggregatoren tun. Suchmaschinen und News-Aggregatoren kopieren keine Datenbankteile. Sie betreiben auch kein „unlauteres“ bloßes Kopieren oder Ausschlachten einer fremden Vorleistung. Sie stiften mit der von ihnen geschaffenen Weiterverbreitungsleistung eine Reichweitenverlängerung, die auch dem ursprünglichen Presseprodukt zugute kommt. Die Art der Weiterverbreitung eröffnet zudem einen medienübergreifend-systematisierenden Zugang und damit einen weiteren eigenständigen Mehrwert.

Dass es einen Rechtsschutz alter Geschäftsmodelle vor neuen Geschäftsmodellen weder durch Wettbewerbsrecht noch durch Urheberrecht gibt, konnten die Verleger dementsprechend bereits mehrfach Gerichtsurteilen entnehmen, etwa der "Paperboy"-Entscheidung des Bundesgerichtshofs von 2003: Dort hatte die Pressesuchmaschine "Paperboy" tiefe Links (Links auf einzelne Presseartikelseiten unterhalb der Hauptseite eines Presseunternehmens) gesetzt, die nach der Absicht des Presseunternehmens nicht einzeln und direkt hätten verlinkt werden sollen. Der BGH hat aber erklärt, dass diese tiefe Verlinkung weder wettbewerbswidrig noch urheberrechtswidrig ist, – (kein unzulässiges Ausschlachten einer fremden Wettbewerbsleistung, keine unzulässige Kopie eines geschützten Stoffs). Die tiefe Verlinkung kann deshalb nicht per Gerichtsurteil verboten werden. Die Paperboy-Entscheidung des BGH (Urteil des I. Zivilsenats vom 17.7.2003 – I ZR 259 / 00) findet sich hier, mit Pressemitteilung dazu hier.

Internet-Dienstleistungen sind so wenig aufzuhalten wie vor 400 Jahren die Windmühle. Das hat nun auch der Teil der deutschen Verlegerschaft verstanden, der als Lobby hinter dem Gesetzgebungsvorhaben steht, das der Beschluss vom 5.3.2012 auf den Weg bringen will. Dort strebt man deshalb nun (anders als noch 2003) keine Verbotsrechte mehr an. Stattdessen möchte man nun an der systematisierenden Weiterverbreitung des Zugriffs auf die eigenen Internet-Artikel durch Suchmaschinen und ähnliche Dienste mitverdienen. Das angestrebte leistungsschutzrechtliche Entgelt für Presseverleger ist das Instrument dafür. Sachlich ist das ein Marktpachtzins, also ein Entgelt, das der Inhaber eines alteingesessenen Geschäftsmodells von dem Betreiber eines neuen Geschäftsmodells bekommt, weil das neue Geschäftsmodell ohne das alte keinen Gegenstand hätte. Eine solche Marktpacht möchte der Teil der deutschen Verlegerschaft, deren Lobby hinter diesem Gesetzgebungsvorhaben steht, in ein Gesetz geschrieben haben.

Ein solcher presseseitiger Anspruch auf Marktpacht-Erlöse aus fremden Geschäftsmodellen beschränkt aber die Rechte der Betreiber neuer Internet-Geschäftsmodelle in ihren Erwerbsrechten und ist verfassungswidrig (Artikel 12 und 14 Grundgesetz).

Wer mit seiner Dienstleitung die Reichweite eines vorhandenen Marktangebots vergrößert, oder wer einen weiteren und übergreifend-systematisierenden Zugang zu ihm schafft, der muss dafür dem Anbieter des bereits vorhandenen Angebots niemals etwas bezahlen. Solche feudalistischen Auswüchse sind einer Wettbewerbsordnung fremd. Der Taxiunternehmer, der dem Ausflugsrestaurants die Gäste zufährt, muss dafür dem Betreiber des Restaurants nichts bezahlen, – obwohl es ohne das Restaurant keine Taxifahrten dorthin gäbe.

Auch der Verleger des städtische Museumsführers, der etwa zu mehr als einem Museum systematisierende oder vergleichende Aussagen enthält, muss dafür der Stadt als Betreiberin der einzelnen Museen nichts bezahlen, – obwohl der vergleichende Museumsführer ohne die Vielfalt der städtischen Museen keinen verkäuflichen Inhalt hätte. Für Presseverleger kann es da gegenüber Suchmaschinen-Betreibern und News-Aggregatoren keine feudalistische Extrawurst geben.

Nach der Lösung, die der interessierte Teil der Verlegerschaft mit einem wettbewerbsrechtlich aufsetzenden Leistungsschutzrecht anstrebt, hätten Verleger sogar dann Zahlungsansprüche gegen Suchmaschinen und News-Aggregatoren, wenn der Presseartikel, auf den verlinkt wird (oder: der aggregiert wird), eine bloße Abschreibe-Leistung aus freien Inhalten (wie etwa: der Wikipedia) wäre. Eine Regelung, die ein derartiges Geldverdienen mit dem bloßen Abschreiben freier Inhalte erlaubt, darf es nicht geben.

Don Quichotte konnte die Windmühle nicht aufhalten. Wir fügen hinzu: Auch einen Anspruch auf Gewinnbeteiligung gegen den Windmüller hatte er nicht. Don Quichotte durfte aber gern eigene Windmühlen betreiben. Nur einen Rechtsanspruch auf die ungestörte Fortsetzung des Rittertums, – den hatte er nicht.

II. Natürlich könnte die Bundesregierung einen anderen Beschluss fassen als den vom 5.3.2012. Sie könnte so für Presseartikel statt eines wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzrechts für Verleger ein urheberrechtlich begründetes Leistungsschutzrecht für Journalisten auf den Weg bringen.

Sie könnte so die vereinzelten Text-Produzenten vor den vermachteten Oligopolen des Text-Handels schützen, – was für den Bereich der Textinhalte der ursprüngliche historische Zweck des Urheberrechts ist.

Bisher streiten sich zwei mächtige Beteiligte auf der Stufe des Produkt-Absatzes, – mit dem zweckentfremdeten Werkzeug "Leistungsschutz", das eigentlich dem in seiner Vereinzelung Schutzbedürftigen zusteht, – das ist der Journalist als der Produkt-Hersteller. Mit einem urheberrechtlich begründeten Leistungsschutzrecht für Journalisten ist das Werkzeug wieder bei dem, dem es für seinen Schutz wirklich zusteht.

Dieses urheberrechtlich begründete Leistungsschutzrecht für Journalisten könnte allerdings nur für solche Presseinhalte in Geltung gesetzt werden, die ein bestimmtes Mindestniveau haben, so wie dies allgemein den Regeln des urheberrechtlich begründeten Leistungsschutzes entspricht. Deshalb dürften auch Inhalte, die von Journalisten bei freien Quellen (wie der Wikipedia im Internet zum Beispiel) bloß abgeschrieben wurden, ebenfalls nicht entgeltpflichtig werden.

Bei einem solchen Leistungsschutzrecht wären Verleger lediglich Vermittler für Zusatzerlöse, die nach Abzug einer sehr mäßigen Abwicklungsprovision an die Journalisten weiterzureichen wären. Diese Weitervermittlung von Zusatzerlösen müsste so organisiert sein, dass aus Journalistensicht jederzeit und ohne einzelne Rückfragen beim Verleger transparent ist, dass die finanzielle Abwicklung der Verleger gegenüber den Journalisten durchgängig fair abläuft. Pauschalregelungen wären gänzlich unzulässig.

Über Schutz kann man reden. Über Schutz für Schutzbedürftige. Über ein urheberrechtliches Leistungsschutzrecht für Journalisten. Urheberrechtlich begründet. Und urheberrechtlich begrenzt. Keine Berechtigung hat ein wettbewerbsrechtliches Leistungsschutzrecht für Verleger. Wieder ein Thema, das die Bundesregierung entdeckt hat. Und dann verfehlt.

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SPD-Bundestagsfraktion stellt Thesen zum Urheberrecht vor

Hoch her geht es zur Zeit in der Diskussion um das Urheberrecht. Latent lief sie ja schon länger, jedoch hat sie mit der Wutrede des Sängers Sven Regener einen neuen Impuls bekommen. Dann meldeten sich "die Urheber" und es dauert nicht lange, bis "die Bürger" antworteten. Das ging dann so weit, dass FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher als Stimme der Vernunft auftrat. Nun präsentiert die SPD Bundestagsfraktion "Zwölf Thesen für ein faires und zeitgemäßes Urheberrecht".

Die Thesen sind natürlich keine Lösung für alle Probleme. Der Arbeitskreis Urheberrecht der SPD-Bundestagsfraktion schlägt aber einige Pflöcke ein:

  • Kein neues Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse.
  • Keine Kulturflatrate
  • Keine überbordende Überwachung des Internets
  • Keine digitale Todesstrafe (aka 3-Strikes)
  • Verwertungsgesellschaften weiterentwickeln – Mehr Transparenz

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Arbeitskreis Urheberrecht der SPD-Bundestagsfraktion

  • Leitung: Burkhard Lischka MdB (rechtspolitischer Sprecher)
  • Christine Lambrecht MdB (stellvertretende Fraktionsvorsitzende)
  • Brigitte Zypries MdB (Justiziarin und stv. Sprecherin der Arbeitsgruppe Kultur und Medien)
  • Sonja Steffen MdB (Berichterstatterin Urheberrecht im Petitionsausschuss)
  • Marianne Schieder MdB, Siegmund Ehrmann MdB (Sprecher der Arbeitsgruppe Kultur und Medien)
  • Martin DörmannMartin Dörmannedienpolitischer Sprecher)
  • Lars Klingbeil MdB (netzpolitischer Sprecher)
  • René Röspel MdB (Berichterstatter Urheberrecht im Ausschuss für Bildung und Forschung)
  • Johannes Kahrs MdB (Vorsitzender der Projektgruppe Urheberrecht in der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“)

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EuGH: Deep Packet Inspection verstößt gegen Grundrechte

Die ZEIT berichtet heute, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Fall entscheiden hat, in dem die belgische Gesellschaft zur Verwertung von Musikrechten (SABAM) geklagt hatte, weil der belgischen Internetprovider Scarlet sich weigerte, den Traffic ihrer Kunden bei Urheberrechtsverletzungen zu filtern. Das verstoße gegen die EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr und sei zudem mit der Grundrechtecharta der EU unvereinbar.

Das Gericht entschied:

"[…] In this regard, the Court finds that the injunction in question would require Scarlet to actively
monitor all the data relating to each of its customers in order to prevent any infringement of
intellectual-property rights. It follows that the injunction would impose general monitoring,
something which is incompatible with the E-Commerce Directive. Moreover, such an injunction
would not respect the applicable fundamental rights.

It is true that the protection of the right to intellectual property is enshrined in the Charter of
Fundamental Rights of the EU. There is, however, nothing whatsoever in the wording of the
Charter or in the Court’s case-law to suggest that that right is inviolable and must for that reason
be absolutely protected. […]"

Urheberrechte seien somit zwar auch durch die EU-Grundrechte geschützt, es gibt aber andere Rechte, gegen die sie abgewogen werden.

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Creative Commons in Deutschland gerichtsfest

Viel Gutes liest man ja nicht über den Umgang deutscher Gerichte mit Internet-Themen. Doch ganz so schlimm ist es nicht. Ein aktueller Lichtblick: Das Landgericht Berlin hat in einer Urheberrechtsfrage im Sinne der verwendeten Creative Commons Lizenz entschieden. So berichtet Dr. Till Jaeger für das "Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software".

"Die Urheberin eines Fotos des Politikers Thilo Sarrazin erwirkte den
Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen eine rechtsextreme Partei,
die das Foto in ihrem Blog ohne entsprechend den Lizenzbedingungen der
Creative Commons-Lizenz „Attribution – ShareAlike 3.0 Unported“ den
Lizenztext oder eine Internetadresse dafür anzugeben und die Urheberin
zu benennen. Die Nutzung des Verletzers stellt nach Auffassung des
Gerichts eine „nicht von einer Genehmigung der Antragstellerin gedeckte
und damit im Sinne des § 97 Abs. 1 UrhG widerrechtliche Verwendung“ dar."

Es handelt sich dabei um einen der ersten Fälle, in denen über die Gültigkeit von Creative Commons-Lizenzen entschieden wurde. Natürlich ist das in Deutschland immer eine Einzelfallentscheidung – dennoch eine beruhigende für die CC-Verfechter.

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2 Stallman Tipps

Richard Stallman ist so etwas wie der Erfinder der freien Software. In einem Gastbeitrag bei SPIEGEL ONLINE ruft er auf zum Kampf "gegen die Netz-Moloche!" Er beklagt, dass die Anwender zunehmend die Macht über ihre Technik verlieren und an eine Hand voll Konzerne abgeben. Der andere Tipp ist ein Hörtipp: Richard Stallman hat Mitte Juni einen Vortrag in der Akademie der Wissenschaften mit dem Titel "Copyright versus Community in the Age of Computer Networks" gehalten. Einen halbwegs hörbaren Mitschnitt gibt’s in Caspar Clemens Mieraus Blog leitmedium.de.

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Urheberrecht: Raus aus den Gräben!

"Aus meiner Sicht müssen wir endlich aus den Gräben, in die sich viele Interessensgruppen seit Jahren begeben haben, herauskommen," schreibt Lars Klingbeil, netzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagfraktion in einem Gastbeitrag bei iRights.info. Er schlägt eine Lösung vor, die den Nutzern die Vorteile der Digitalisierung erhält, und gleichzeitig den Kreativen nicht die wirtschaftliche Grundlage entzieht.

Anlass des Artikels ist die bevorstehende Reform des Urheberrechts im sogenannten 3. Korb. Die Diskussionen im Vorfeld haben zeigen, wie sehr sich die Forderungen der Verbände, von Kreativen und der Industrie entgegenstehen.

Wir benötigen 1. einen gesellschaftlichen Diskurs darüber, welchen Wert Kreativität und immaterielle Güter in unserer Gesellschaft haben. Diese Wertevermittlung sollte aus meiner Sicht schon in der Schule ansetzen. 2. ist die Content-Industrie weiterhin aufgefordert, nutzerfreundliche und flexible Geschäftsmodelle und Bezahl-Methoden zu entwickeln. Hier sehe ich noch viel ungenutztes Potenzial. Und 3. geht es natürlich auch darum, die Durchsetzung urheberrechtlicher Ansprüche gegen die Anbieter von illegalen Plattformen und Webseiten zu verbessern.

Lars Klingbeil sprach sich deutlich gegen die digitale Todesstrafe ("Three Strikes") als Mittel der Rechtedurchsetzung aus. Er sieht vielmehr die Industrie in der Pflicht, Modelle in Anlehnung an die Idee einer Kulturflatrate zu entwickeln.

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Internet Enquete: Papiere zur Netzneutralität online

Nachdem vor ein paar Tagen das Online-Beteiligungssystem gestartet wurde, sind jetzt die ersten Beiträge zu den Themen Netzneutralität und Urheberrecht online. Der Vorsitzende der Projektgruppe Urheberrecht, Johannes Kahrs (SPD) schrieb:

 

Ich freue mich als Vorsitzender der Projektgruppe „Urheberrecht“, der Öffentlichkeit jetzt die ersten Arbeitspapiere zur Verfügung stellen zu können. Bitte beachten Sie, dass sich alle diese Texte noch im Arbeitsprozess befinden und die Einbindung des Beteiligungswerkzeuges noch experimentell ist und sich daher vieles ändern kann.

Die Papiere sollen als Grundlage für die Online-Diskussion dienen.

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Vorratsdatenspeicherung: Der Stand der Diskussion

Die aktuelle Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung (VDS) findet im Spannungsfeld zweier Vorgaben statt: Zum Einen gibt es eine Richtlinie für eine Vorratsdatenspeicherung. Richtlinien der EU müssen in nationales Recht umgesetzt werden. Immer. In allen Mitgliedsstaaten. Zum Anderen hat das Bundesverfassungsgericht enge Grenzen für eine Umsetzung gesteckt.  Ein tatsächliches Problem stellt die EU-Richtlinie dar. Richtlinien müssen von allem EU-Mitglieder binnen Frist in nationales Recht umgesetzt werden. Es gibt da kleine inhaltliche Spielräume, im Prinzip müssen sie aber umgesetzt werden. Eigentlich hätte die Richtlinie bereits bis März 2009 umgesetzt werden müssen. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, ist das nicht mehr der Fall. Werden Richtlinien nicht umgesetzt, droht ein Vertragsverletzungsverfahren, an dessen Ende eine finanzielle Strafe stehen kann. 

Diese Richtlinie verschwindet nicht von alleine. Und wenn man sagt, dass ein wichtiges EU-Mitgliedsland wie Deutschland die Strafe in einem Vertragsverletzungsverfahren einfach hinnimmt, wäre das ein schlechtes Signal an andere Mitgliedsstaaten, sich auf gleiche Weise gelegentlich von missliebiger Europapolitik frei zu kaufen. Das wäre das Ende einer gemeinsamen europäischen Politik.

Es gibt Hoffnung 

Die Vorratsdatenspeicherung wird zur Zeit auf europäischer Ebene evaluiert. Ein Ergebnis soll es im März 2011 geben. Wenn die Vorratsdatenspeicherung auch in 20 Mitgliedsländern umgesetzt wurde, so eckte sie doch in anderen Ländern an.

Dazu zählt vor allem der Sonderfall Irland: Irland versuchte bereits 2006 gegen die Vorratsdatenspeicherung beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu klagen. Die Kläger versuchten die Richtlinie zu kippen, indem sie die Vorratsdatenspeicherung als Binnenmarktmaßnahme bezeichnete. Der EuGH hat sich darauf aber nicht eingelassen.

Nun haben wir durch den Vertrag von Lissabon und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union seit 2009, eine andere rechtliche Situation und Irland vorsucht diesmal den direkten Weg: Der EuGH soll prüfen, ob die Vorratsdatenspeicherung mit den neuen europäischen Bürgerrechten vereinbar ist. Max Steinbeis vom Verfassungsblog sieht in der Klage die Chance für eine wegweisende Entscheidung und eine Stärkung der europäischen Bürgerrechte.

Es wäre unsinnig, vor Ende der Evaluation noch eine Umsetzung in Deutschland zu versuchen. Man müsste das Gesetz – mal abgesehen von einer drohenden neuen deutschen Verfassungsbeschwerde – vermutlich kurze Zeit später wieder ändern. Es macht darüber hinaus keinen Sinn, die Evaluierung vor Entscheidung der Klage Irlands vor dem EuGH abzuschließen. Es ist auch unwahrscheinlich, dass die EU-Kommission vorher ein Vertragsverletzungsverfahren lostritt. 

Die Position der Parteien im Bundestag sind zur Zeit folgende: Die CDU will die EU-Richtlinie, die die Vorratsdatenspeicherung vorschreibt 1:1 umsetzen. Die FDP sieht auch, dass das eigentlich passieren muss, dass es aber eben nicht 1:1 mit dem Grundgesetz geht – sie will die Evaluierung der Richtlinie abwarten. Die LINKE und die GRÜNEN ignorieren die EU-Richtlinie und sind gegen jegliche Form von Vorratsdatenspeicherung. Die SPD erkennt die Notwendigkeit der Umsetzung, wartet aber auf eine Gesetzesvorlage der Regierung als Diskussionsgrundlage und die Evaluierung der EU-Richtlinie, die zur Zeit durchgeführt wird.

In der Bundestagsdebatte vom 16. Dezember 2010 konnte man die derzeitigen Positionen der Parteien und einige Probleme erkennen:

Wie es weitergeht

Je nach dem, wie das EuGH entscheidet oder wie die Evaluation ausfällt, wird die VDS-Richtlinie verändert werden. In der EU gibt es eine konservative Mehrheit. Eine komplette Abschaffung erscheint unwahrscheinlich. Zur Zeit steht das Konzept des "Quick Freeze Plus" zur Debatte. Jan Moenikes, Rechtsanwalt und Mit­glied des Forums Net­zpoli­tik der SPD, bezeichnet den Vorschlag der Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) als "Wolf im Schafspelz":

Das was Leutheusser-Schnarrenberger nun aber als ihre politische Lösung präsentiert, geht über meine Befürchtungen weit hinaus. Es könnte sich im Ergebnis für Bürgerrechte und Telekommunikationsindustrie als belastender erweisen, als die vom Bundesverfassungsgericht aufgehobenen Vorschriften. Denn bislang offensichtlich unbemerkt auch von vielen Kritikern, soll laut dem Eckpunktepapier nicht nur die Möglichkeit einer (wenn auch zeitlich deutlich begrenzteren) anlasslosen Speicherung von IP-Adressen eröffnet werden, sondern werden zugleich auch die Möglichkeiten der auch nur auf einen abstrakten Verdacht hin bezogenen Überwachung aller Bürgerinnen und Bürger ganz erheblich ausgeweitet!"

Andere Überlegungen gehen einen Schritt zurück und differenzieren die auf Vorrat gehaltenen Daten stärker als bisher. In einem Interview mit der ZEIT erklärt Alvar Freude (AK Zensur), die unterschiedlichen Datenarten: Das sind zum einen die Verbindungsdaten (Wann hatte wer welche IP?) und zum anderen sind das die Kommunikationsdaten. Diese Daten geben dann Auskunft darüber, wer wann mit wem telefoniert oder gemailt hat. Inhalte sollten bei der Vorratsdatenspeicherung nicht gespeichert werden. Die Verbindungsdaten sind dann nur so etwas wie ein Autokennzeichen – Die Polizei kann es zuordnen. Es sagt aber nichts über den Halter oder sein Fahrverhalten aus. Zumindest bei IPv4 funktioniert das noch so.

Problematisch sind dann vor allem die Kommunikationsdaten, weil sie ermöglichen komplette Persönlichkeits und Bewegungsprofile zu erstellen. Wenig kritisch sie Alvar Freude die Verbindungsdaten:

Beim Speichern von IP-Adressen auf Vorrat sehe ich keine große Gefahr. Man kann damit keine Nutzerprofile erstellen und nicht herausfinden, wer wann welche Website besucht hat. Nutzen bringen sie nur, wenn eine konkrete Straftat vorliegt und nun ermittelt werden soll, von welchem Anschluss sie begangen wurde. Da verstehe ich auch den Bedarf der Ermittler und könnte damit leben, wenn die IP-Adressen länger als sieben Tage gespeichert würden. Denn um mehr über den Nutzer zu erfahren, bräuchten sie eine konkrete Überwachungsanordnung, die sehr viel höheren Hürden unterliegt."

Vor allem muss die Diskussion von anderen Themen getrennt werden. So sagt Alvar Freude:

Es bestand immer die Hoffnung, wenn keine IP-Adressen mehr gespeichert werden, gibt es auch keine Abmahnungen beim Filesharing mehr. Aber das hat sich nicht bewahrheitet. Die Musikindustrie hat einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch und ist einfach schnell genug, im Zweifel überwachen sie es in Echtzeit. Fürs Filesharing spielen die Regeln also keine Rolle."

Die Befürchtung, dass die Verbindungsdaten vor allem gegen Filesharer genutzt werden, ist ein ganz anderes Problem. Hier muss gesellschaftlich diskutiert werden, ob und wenn ja wie sich das Urheberrecht durch das Internet ändern muss. Aber auch das muss geklärt werden.

Am Ende bleiben zwei Fragen:

  1. Kann man überhaupt eine Vorratsdatenspeicherung erarbeiten, die sowohl den Anforderungen des Grundgesetzes entspricht als auch die EU-Richtlinie erfüllt?
  2. Was bedeutet es für die EU-Politik, wenn die Antwort "Nein" lautet? 

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Debatte: Gesucht wird das Urheberrecht der Zukunft

Die Digitalisierung hat die Frage nach dem Urheberrecht wieder aufgeworfen. Das war schon bei der Erfindung der Tonaufnahme, des Radios, des Fernsehen, der Kassette und des Videos so. In Zeiten da jeder mit seinem Internetcomputer nicht nur eine Vervielfältigungsmaschine, sondern auch ein Distributionsnetzwerk betreibt, stellt sich die Frage umso eindringlicher. Klar ist, dass es nicht mehr darum geht, dass die Gesellschaft ein neues Verhältnis zu einer bestimmten neuen Branche entwickelt. Es geht um das Verhältnis der Gesellschaft zu sich selbst. 

Wie sollen Kreative in Zukunft Geld verdienen? Kann es funktioneren, dass sie sich komplett quer finanzieren und Musiker nichts mehr direkt an ihren Aufnahmen und Fotografen nichts mehr direkt mit ihren Fotos verdienen? Es wird in der Diskussion oft über die Köpfe der Betroffenen hinweg gesprochen und oft übersehen, dass schon das erste Copyright eine gesetzliche Einschränkung des technisch möglichen war: Es konnte damals jeder mit einer Druckmaschine Bücher nachdrucken. Das wurde für eine bestimmte Zeit verboten. In dieser Zeit hatte der Urheber das exklusive "Kopierrecht". 

Es ist deshalb wichtig möglichst viele Seiten in die Debatte über ein neues Urheberrecht einzubeziehen. Immerhin geht es nicht nur um Geld und Einkommen, sondern auch um Kulturgüter.

Bereits vor einiger Zeit hat Google "Collaboratory" als Debattenplattform eingerichtet. Mit dem Projekt soll in einer Art “Multistakeholder”-Dialog mit Wissenschaftlern, Vertretern aus Verbänden, der Internetwirtschaft, des Daten- und Verbraucherschutz sowie verschiedenen Initiativen und NGOs gemeinsam an der Zukunft des Internets sowie an Lösungsansätzen zu gesellschaftlichen Fragen rund um das Internet gearbeitet werden. 

Nun hat Collaboratory einen Informationsabend zum Thema Urheberrecht veranstaltet, der der Frage nachginge, welche „Eigenschaften ein Regelungssystem für immaterielle Güter, also ein Urheberrecht für die Informationsordnung des 21. Jahrhunderts, haben muss.” Hier sind die Videos:

Fred von Lohmann, ehemals „Senior Staff Attorney” EFF, heute bei Google:

Fragen und Antworten:

Niva Elkin-Koren, Expertin für „Law and Technology”, „Cyberlaw”, „Copyright Law”, „Intellectual Property”:

Eckhard Höffner, Autor „Geschichte und Wesen des Urheberrechts”:

via rotstehtunsgut.de